In einer Sedimentologievorlesung gibt’s zwar einen interessanten Überblick über viele geologische Phänome. Richtig spannend wird es jedoch erst, wenn Studierende auf Exkursionen das Gelernte umsetzen können.

Also begeben sich die Studierenden im Entlebuch auf die Suche nach Spuren von vergangenen Meeren. Dazu erkunden sie das Bachbett der Entlen. Und siehe da: alle paar Meter gibt es Hinweise, was damals, vor etwa 20 Millionen Jahren geschah.

Parallel- oder schräggeschichtet – fein oder grob

Sie lernen, verschiedene Strukturen zu unterscheiden. Sie finden millimeter bis zentimeter dicke Gesteinsschichten, die perfekt parallel oder schräg geschichtet sind. Einige sind aus Sand, andere aus feinerem Material, dem sogenannten Silt oder Ton.

Fritz Schlunegger und Philippos Garefalakis begleiten die Studierenden. Sie lassen diese zuerst eigene Eindrücke gewinnen. Es heisst also: gut und genau beobachten, wie sich die Gesteine und Strukturen unterscheiden.

Oben oder unten?

Als erstes geht es darum herauszufinden, in welche Richtung die Gesteine jünger werden. Schnell finden die Studierenden eine Stelle, wo eine Schicht von einer neuen, jüngeren Schicht gekappt wird. Dies geschieht typischerweise durch ein Sturmereignis mit viel Erosionskraft. Dank dieser Beobachtung betrachten die Studierenden nun alle weiteren Strukturen jeweils mit Blickrichtung von der älteren Schicht zur jüngeren, was für die Interpretation hilft.

Ehemaliger Sandstrand

Die Studierenden erhalten Schablonen, um die Korngrössen der Sedimente zu bestimmen, und einen Meter, um die Dicke ähnlicher Gesteinsbereiche zu vermessen. Mit einer einfachen Formel können sie die Wassertiefe abschätzen, in welcher das damalige Sediment entstanden ist: Denn die Wassertiefe ist gleich der Schichtdicke mal 5 – 10.

Die feinen parallelen Lagen mit einer Dicke von einigen Millimetern bis rund fünf Zentimetern sind nahe am Strand in einer Wassertiefe von 30-50 Zentimeter entstanden. Die Partien mit den schrägen Schichtungen stammen aus 1.5 – 3 Meter Tiefe.

Weiter entdecken die Studierenden auch sogenannte Wellenrippeln auf den Gesteinsoberflächen. Andere tonigere Bereiche zeigen Spuren von Wurzeln oder sogar kleine versteinerte Schnecken. Die tonigen Bereiche stammen aus Gebieten, die hinter der Küstenlinie lagen. Die Wellenrippeln dagegen zeugen von einem Meeresstrand.

An einer anderen Stelle finden sie ein Band, in dem ein Chaos aus Muschelschalen und Kieselgeröllen vorliegt. Beides weist darauf hin, dass es in unmittelbarer Strandnähe sein muss. Die chaotische Struktur deutete darauf hin, dass eine starke Strömung geherrscht haben muss. Die Frage bleibt jedoch offen, ob es sich dabei um eine reine Sturmlage oder gar um eine Tsunamiablagerung handelt. Dazu wäre weitere Forschung nötig.

Mit Hilfe dieser Phänomene stellen die Studierenden fest, dass es sich in diesem Bereich des Bachbetts um einen wellendominierten Küstenbereich handelt.

Wenn Ebbe und Flut wirken

Anschliessend begeben sich die Studierenden weiter bachabwärts. Dort entdecken sie wesentlich grössere Strukturen, die bis zu einem Meter hoch und seitlich mehrere Meter breit sind. Sie enthalten intern kleinere Strukturen mit Schrägschichtungen, welche die Form einer Düne haben. Allerdings bildete sich dies unter dem Wasser, und zwar in einer Tiefe von 10 bis 20 Meter. Die kleineren Strukturen sind entgegengesetzt orientiert. Damit können die Studierenden auf Gezeitenprozesse schliessen.

Der Bachabschnitt der Entlen zeigt also wunderschön auf wenigen hundert Metern, wie sich vor einigen Millionen Jahren die damalige Küstenlandschaft verändert hat, und er eignet sich somit hervorragend, um theoretisches Wissen praktisch in der Natur anzuwenden.

 


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